Übung | Gefahrguteinsatz - Lackfabrik Sil - Natronlauge läuft aus
Friedrich-Wilhelm Thies (Dewezet 31.05.2013) - [B]Chemieunglück: Feuerwehr übt Ernstfall
Säure und Lauge waren angeblich ausgelaufen / 90 Kräfte im Einsatz
„Ich bin beeindruckt, was sie in der Lage sind zu leisten“, stellt Frank Graffenberger fest. Der Geschäftsführer der SIL-Lackfabrik in Marienau hat zusammen mit Produktionsleiter Andreas Peterke die vierstündige Gefahrgutübung der Feuerwehren auf seinem Werksgelände aufmerksam verfolgt. Coppenbrügges Gemeindebrandmeister Walter Schnüll erklärt: „Bis auf ein paar Kleinigkeiten bin ich mit dem Übungsverlauf sehr zufrieden.“
Kommt es in der Gemeinde Coppenbrügge zu einem Gefahrgutunfall, rücken zunächst die Ortswehren Coppenbrügge und Marienau, der Einsatzleitwagen aus Bisperode und einige Kräfte des ABC-Zuges aus. So auch am Mittwochabend, als die Meldung um 17.34 Uhr lautete: „Firma SIL, läuft Natronlauge aus 1000-Liter-Behältern aus.“ Die ersten Aufgaben der Kräfte sind die Erkundung der Lage, das Absperren des Gefahrenbereichs und – falls möglich – die Rettung verunglückter Personen. So auch hier. Zwei Arbeiter lagen direkt am Unfallort, einer war unter einem Behälter eingeklemmt. Beide konnten schnell gerettet werden, der Eingeklemmte wurde mit einfachen Hilfsmitteln befreit. Umgehend wurden dann Spezialkräfte der Kreisfeuerwehr angefordert. Von der Feuerwehrtechnischen Zentrale Kirchohsen rückte der Gefahrgutzug und vom Katastrophenschutzzentrum in Marienau der ABC-Zug aus. Auch drei Rettungswagen der DRK-Rettungswache Hemmendorf und des DRK Marienau fuhren zur Einsatzstelle.
Angeblich sollte bei dem Unfall ein Behälter mit 1000 Liter Salpetersäure und einer mit 1000 Liter Natronlauge leckgeschlagen sein. „Die Stoffe verwendet die Firma nicht, wir haben sie nur für den Übungsablauf vorgesehen“, erklärt Bereitschaftsführer Katastrophenschutz, Volker Winkelhake, der mit dem stellvertretenden Gemeindebrandmeister Hagen Bruns die Übung ausgearbeitet hatte. Das Auffangen der ausgetretenen Stoffe, das Abdichten der Lecks und das Abpumpen der Säure und der Lauge aus den beschädigten Behältern war Aufgabe der 90 Einsatzkräfte. Direkt an der Schadensstelle mussten dafür Chemiekalien-Schutzanzüge getragen werden. Beim Abarbeiten der Aufgaben waren die Einsatzkräfte durchaus erfinderisch. Da aus dem Behälter mit Salpetersäure nur geringe Mengen austraten, wurde er einfach in eine große Folie gehüllt, schon war die eine Gefahr gebannt. Kleine Löcher im Behälter mit Natronlauge wurden einfach gestopft, indem eine Schraube in das Loch gedreht wurde. Nachdem gegen 21.30 Uhr alles geschafft war, wartete noch die Versorgungsgruppe mit Eintopf zur Stärkung auf die Übungskräfte.
Jörg Grabandt - Medienbetreuer der Kreisfeuerwehr Hameln-Pyrmont:
Am Mittwoch, 29.05.2013 wurde die FF Marienau zu einem Gefahrguteinsatz in die Bertramstraße gerufen. In einer Lackfabrik lief ein Behälter mit 1000 Liter Natronlauge aus, nachdem er in der Übungsannahme bei Verladearbeiten beschädigt worden war. Die ersten Kräfte erkundeten unter Atemschutz die Lage und entdeckten zwei Arbeiter, die bewußtlos am Boden lagen. Zusätzlich wurde bemerkt, dass ein weiterer Behälter mit Salpetersäure beschädigt worden war. Umgehend wurden daher weitere Kräfte zur Einsatzstelle nachgefordert. Die beiden bewußtlosen Arbeiter wurden zunächst aus dem Gefahrenbereich gerettet, dann zog sich der nur mit Atemschutz ausgerüstete Trupp zurück und wurde durch den ABC-Zug der Kreisfeuerwehr dekontaminiert. Die folgenden Arbeiten fanden im Gefahrenbereich ausschließlich unter Chemikalienschutzanzug (CSA) statt. Zunächst wurde der 1000-Liter-Behälter mit der Salpetersäure, der nur eine leichte Leckage am Dom aufwies, abgedichtet und mit einer Plane umhüllt. Danach wurde er mit einer säurefesten Pumpe in einen bereitgestellten leeren Behälter umgefüllt. Die Beschädigungen am Behälter mit der Natronlauge wurden mit Schrauben und Dichtband verschlossen. Danach sollte versucht werden, den Behälter mit dem Ladekran vom MZW S/K zu bergen. Ein Feuerwehrmann mit Atemschutz fuhr das Fahrzeug bis in den Gefahrenbereich. Dort stellte sich jedoch heraus, dass auf Grund des über dem Behälter befindlichen Schleppdaches das Anheben des Behälters nicht möglich war. So wurde auch dieser Behälter in einen bereitgestellten leeren Ersatzbehälter mit einer Pumpe umgefüllt.